Pädagogisches Leitbild

Ein Gerüst, das trägt und Wirkung zeigt

In unserer pädagogischen Arbeit und Unternehmensführung orientieren wir uns stets an unserem Leitbild.

Unser Leitbild stützt die sechs Säulen unserer pädagogischen Arbeit zur Erfüllung des Hilfeauftrages.

 

Erfüllung des Hilfeauftrages

Beziehung und Bindung

Empowerment

Ressourcen-orientiert

Partizipation

Lebenswelt

Gender und Intersek-tionalität

Unser Leitbild

Beziehungs- und Bindungsarbeit

Ein Balanceakt, der Motivation und Rückhalt gibt

Beziehungen sind komplexe Strukturen aus Erlernten, Erlebten und vermeintlichen Erwartungen.

Klientin:innen im Setting der Jugend- und Familienhilfe der Sozialen Arbeit haben oft einen Mangel an positiven Bindungserfahrungen und wenig Sicherheit und Rückhalt erlebt.

Eine Säule unserer Sozialen Arbeit ist Beziehungs- und Bindungsarbeit.

Wir versuchen stets unseren Klient:innen auf Augenhöhe zu begegnen und Verbindlichkeit zu vermitteln. Beziehungsaufbau kann gut gelingen, wenn sich die Klient:innen in ihrer Person ernstgenommen fühlen und dort abgeholt werden, wo sie stehen. Das bedeutet, dass wir als Fachkräfte die jungen Menschen so annehmen, wie sie sind, in dem was sie mitbringen und uns zunächst auf ihre Lebenswelt einlassen. Klar verständliche und wertschätzende Kommunikation innerhalb der Betreuungsbeziehung baut Barrieren ab und fördert das Vertrauen zwischen Fachkraft und Klient:in. 

Wir arbeiten mit einem festen Bezugsbetreuer:innensystem. Das heißt jede Klient:in hat ihre persönliche Betreuer:in, die sie im gesamten Hilfeverlauf begleitet. Ein engmaschiges Vertretungssystem sichert optimale Begleitung bei Urlaub und Krankheit.

In einigen Fällen arbeiten wir nach dem Tandemprinzip. In der Tandemarbeit bilden zwei Fachkräfte „ein sich ergänzendes pädagogisches Zweierteam“ (Futhuk 2022, o.S.), um so Klient:innen unter Berücksichtigung ihrer Ressourcen und Kompetenzen optimal zu stärken.

Tandemarbeit in einer Familie, mit einem Kind oder Jugendlichen setzen wir ein,

  • wenn komplexe Familienstrukturen mit vielen beteiligten Akteur:innen vorliegen,
  • um interkulturellen Herausforderungen besser begegnen zu können (z.B. Sprachkompetenz der Fachkräfte)
  • bei akuten Problemstellungen, die ein 4-Augen-Prinzip verlangen (z.B. Verdacht auf Kindeswohlgefährdung)
  • bei herausfordernden Richtungszielen, die die Expertise von zwei Fachkräften bedürfen

* Futhuk. Kinder- und Jugendhilfe. 2022. Tandemarbeit. https://www.futhuk-jugendhilfe.de/angebote/arbeitsweise/85-tandemarbeit. Zugriff am 17.02.2022.

Empowerment

Selbstbestimmung und Lebensautonomie fördern

Unser pädagogisches Arbeitsverständnis wird geleitet durch den Ansatz des Empowerments.

Empowerment beschreibt verschiedene Arbeitsansätze, welche „Menschen zur Entdeckung der eigenen Stärken ermutigen und ihnen Hilfestellung bei der Aneignung von Selbstbestimmung und Lebensautonomie vermitteln“ (Herriger 2002, 1). Ziel ist es somit, vorhandene Fähigkeiten der Adressat:innen zu kräftigen und Ressourcen für eine „[autonome] Alltagsregie und Lebensorganisation“ freizustellen (ebd.). Das Konzept verlangt von uns als Fachkraft die Auflösung des Defizitblicks und der Unterstellung von Hilfebedürftigkeit, sodass in den Mittelpunkt die Fähigkeiten und Stärken eines Individuums oder Kollektivs rücken können (ebd., 1f.). So werden die Adressat:innen Sozialer Arbeit als Subjekte in der Gestaltung ihres Lebens und Träger unveräußerlicher Freiheits-, Teilhabe und Entscheidungsrechte wahrgenommen.

Aufgabe der Sozialen Arbeit ist es, für soziale Gerechtigkeit und die Wahrung der Selbstbestimmungsrechte sowie das damit einhergehende Recht eines Individuums oder Kollektivs auf Autonomie einzutreten. Dies verlangt die Thematisierung von Ungleichheitsstrukturen in der Gesellschaft, um so die politische Selbstvertretung und Teilhabe der Adressat:innen zu erwecken bzw. zu fördern (ebd., 3). Mit Empowerment geht einher, Dialoge auf Augenhöhe zu führen und die eigene „Expert:innenmacht“ stets selbstreflexiv einzugrenzen.

* Herriger, Norbert (2002): Empowerment – Brückenschläge zur Gesundheitsförderung. In: Loseblattwerk „Gesundheit: Strukturen und Arbeitsfelder“. Ergänzungslieferung 4, Neuwied: Luchterhand-Verlag, S. 1-24.

Ressourcen Orientierung

Stärken, Kraftquellen und Potentiale erkennen und fördern

Nur mittels Ressourcen sind wir Menschen handlungsfähig. Dabei werden Ressourcen in materielle (wie z.B. Geld, Nahrung, Wohnraum) und nichtmaterielle Ressourcen unterschieden. Die nichtmateriellen Ressourcen sind schwer zu definieren, aber können verstanden werden als „Ausstattungen, Fertigkeiten […], als Wahrnehmungs-, Erkenntnis- und Emotionsfähigkeiten“ (Bünder 2002, 96).

Unsere ressourcenorientierte Soziale Arbeit verlangt die Auflösung des Defizitblickes: Zentrum bilden die eigenen Stärken und Ressourcen der Klient:innen für Bewältigungen und zum Erreichen von Zielen. Die materiellen Ressourcen sind vor allem zu Beginn einer Hilfe von großer Bedeutung. So stellen wir als Träger u.a. Wohnraum zur Verfügung und unterstützen die Klient:innen in ihrer Anbindung an einen Leistungsträger. Aus der daraus resultierenden Sicherheit können im weiteren Hilfeverlauf die nichtmateriellen Ressourcen in den Fokus der pädagogischen Arbeit rücken. Dabei schließen wir uns der Definition von Möbius und Friedrich (2010) an und verstehen unter Ressourcen „nicht nur materielle Dinge wie Geld und Wohnraum sowie individuelle Stärken der Klient:innen, sondern vielmehr: gelingende Alltagsroutinen, motivierende Zielvorstellungen, tragende Selbstkonzepte und soziale Beziehungen“ (7).

* Bünder, Peter (2002): Geld oder Liebe. Verheißungen und Täuschungen der Ressourcenorientierung in der Sozialen Arbeit. Münster/Hamburg/London: LIT Verlag.
* Möbius, Thomas & Friedrich, Sybille (2010): Ressourcenorientiert Arbeiten – Anleitung zu einem gelingenden Praxistransfer im Sozialbereich. Wiesbaden: VS Verlag.

 

Partizipation

Beteiligung stärken und einfordern

Partizipation ist die „grundlegende Empowerment-Strategie“ (Lenz 2002, 18). Wir Fachkräfte der FL Fairness Life verstehen uns in einer begleitenden Rolle – die Akteure sind unsere Klient:innen.
Aus diesem Arbeitsverständnis lässt sich ableiten, dass für uns als Träger der direkte Klient:innenkontakt (face-to-face-Kontakt) den Mittelpunkt der pädagogischen Arbeit bildet.

Partizipation ist bei uns durch Mitsprache-, Beschwerde- und Entscheidungsrechte institutionell abgesichert. Jährlich findet eine Evaluierung der pädagogischen Arbeit durch unsere Klient:innen statt.

* Lenz, Albert (2002): Empowerment und Ressourcenaktivierung – Perspektiven für die psychosoziale Praxis. In: Lenz, Albert & Stark, Wolfgang (Hg.): Empowerment. Neue Perspektiven für Psychosoziale Praxis und Organisation. Tübingen: Deutsche Gesellschaft für Verhaltenstherapie, S. 13-53.

 

Lebenswelt

Nah am Alltag der Klient:innen

Wir arbeiten lebensweltorientiert, das heißt wir orientieren uns konsequent an den Adressat:innen unserer Sozialen Arbeit und ihren Handlungsmustern in den gesellschaftlichen und individuellen Bedingungen.

Lebenswelt entsteht, wenn wir Menschen uns mit unserer sozialen Welt auf natürliche Weise auseinandersetzen. Die Lebenswelten von Menschen unterscheiden sich dabei aufgrund verschiedener materieller und sozialer Lebensumstände sowie unterschiedlicher individueller psychischer und physischer Bedingungen.

Lebensweltorientierung geht von den alltäglichen Erfahrungen der Menschen in ihrer gesellschaftlichen Situation aus und berücksichtigt, wie sich gesellschaftliche Verhältnisse im Alltag der Menschen niederschlagen.

So richten wir unseren Blick als Fachkräfte auf die praktischen Lebensbewältigungsversuche unserer Klient:innen. Dabei verstehen wir sie als handelnde Subjekte und zeigen Respekt vor ihren alltäglichen Bewältigungsaufgaben. Unser Ziel ist es mit ihnen eine „gelingereden Alltag“ zu schaffen.

Durch kritische Reflexion erreichen wir, uns möglichst vorurteilsfrei und offen der Lebenswelt der Klient:innen zu nähern und die Diversität an Lebenswelten zu akzeptieren.

* Kraus, Björn (2006): Lebenswelt und Lebensweltorientierung; Eine begriffliche Revision als Angebot an eine systemisch-konstruktivistische Sozialarbeitswissenschaft. Kontext: Zeitschrift für systemische Therapie und Familientherapie, 37 (2), 116-129.

* Thiersch, Hans (1993): Strukturierte Offenheit. Zur Methodenfrage einer lebensweltorientierten Sozialen Arbeit. In: Rauschenbach/Ortmann/Karsten (Hg.): Der sozialpädagogische Blick. Lebensweltorientierte Methoden in der Sozialen Arbeit. Weinheim und München: 11-27.

Gender und Intersektionalität

Machtstrukturen hinterfragen und Vielfalt fördern

Seit August 2022 tauscht sich das Familien- und Jugendhilfeteam über das Thema Gender und Intersektionalität in ihrer Tätigkeit als Sozialpädagog:innen aus.

Laut dem Center for Intersectional Justice (CIJ) bezieht sich strukturelle Intersektionalität „auf die spezifische Erfahrung von Menschen, die sich an der Schnittstelle von verschiedenen systematischen Unterdrückungen befinden“. Das bedeutet, Faktoren, wie beispielsweise Geschlecht, Klasse, Race, Alter und Behinderung, werden als zusammenwirkend betrachtet. Diese Faktoren sind gesellschaftliche Machtverhältnisse, die häufig zu verschiedenen Diskriminierungsformen führen. Diese Diskriminierung agiert nicht nur individuell, sondern auch historisch, strukturell und institutionell.

Folgende Leitfragen werden im Rahmen unserer Workshops bearbeitet:

Welche Diskriminierungsformen werden bei der Umsetzung von Sozialer Arbeit erlebt?
Welche Handlungsmethoden können umgesetzt werden, um diesen Diskriminierungsformen entgegenzuwirken?
Wie sieht eine antidiskriminierende Soziale Arbeit aus?

Im Team analysieren wir unsere Arbeit Schritt für Schritt und hinterfragen unsere eigenen Vorurteile und Stereotype. Ziel dabei ist es, alternative Verständnisse und Handlungen zu identifizieren. Laut Bronner und Paulus (2017, S. 20) kann dieser Fokus auch Veränderungen bei der Zielgruppe erzeugen:

„Das Analysieren der diversen Widersprüchlichkeiten der eigenen subjektiven Lebenswelten in Zusammenhang mit den sozialen Kategorien, Ebenen und Macht- und Herrschaftsverhältnissen kann aufzeigen, dass Ausschluss- und Diskriminierungserfahrungen mit Strukturen und Kategorien in Wechselwirkung stehen und nicht immer auf individuelles Versagen zurückzuführen sind.“

Die Schlussfolgerungen unserer letzten Workshops zeigen auf, dass wir als Sozialpädagog:innen regelmäßig kritische Selbstreflexion durchführen und Methoden finden sollten, um unseren Klient:innen einen sicheren diskriminierungsfreien Raum zu ermöglichen.

* Center for Intersectional Justice (CIJ) 2019. Vortrag Intersektionalität. https://www.intersectionaljustice.org/img/2019.09.18._vortrag-dezim-cij_compressed_afki0o.pdf

* Bronner und Paulus 2017. Intersektionalität: Geschichte, Theorie und Praxis. Eine Einführung für das Studium der Sozialen Arbeit und der Erziehungswissenschaft. Opladen, Toronto: Barbara Budrich. In: Röck, Ina 2019. Intersektionale lebensweltorientierte Offene Jugendarbeit. Handlungsmethoden zur Entgegenwirken einer Reproduktion sozialer Ungleichheit. Bachelorarbeit. GRIN Verlag.